Brocken-Challenge 2012 | eine ‚ultrakurze Laufgeschichte‘ von Mario Bartkowski [Teil 12]

Hallo Allerseits!

Nun also Teil 12, es geht weiter. Ihr erinnert Euch noch an Folge 11 ?
In Barbis hatte der Verpflegungstand Naturkost Elkershausen per Gaswärmer erfolgreich die Thermosflasche aufgetaut und sogar mit heißem Kräutertee befüllt! Meine Frau wußte derweil nun, wo die Trekking-Stöcker lagen (und meine Zerstreutheit mit meinem Laufhobby anscheinend auch nicht besser wurde), Torsten (der Kumpel von Björn) hatte vorgeschlagen, ich solle mal mit Aschu klären, das diese auf den Gipfel befördert werden (was ich warscheinl. vergessen würde) und irgendwie war mir auch, als hätte ich noch etwas entscheidenes in Barbis zu klären…aber was denn bloß?
Nun jedenfalls wartete der Entsafter auf mich: laut Streckenbeschreibung 20 km ohne Verpflegung bei moderatem, kontinuierlichem Anstieg…nun wird es Ernst. Lauf, Forrest, Lauf!

Die bisherigen Teile findet Ihr wie gehabt in der Kategorie Wettkampf: Brocken-Challenge (11.02.2012).

Let’s go,

Viele Grüße,
Euer Mario


Als es dann endlich Klick machte…


Ich verließ einen kleinen Waldabschnitt und war eine zeitlang auf offenem Gelände unterwegs. Dann fiel mir ein: Mein Schafzeug! Das war es also, was Ich in Barbis hätte klären müssen, wie Mark mir im alten Tanzsaal vor fünf Stunden eingebleut hatte! Wie hieß der gute Mann ? Obi ? „Verdammt, verdammt, die Drei sind bereits zu Mekkes unterwegs, nochmal durchklingeln war unsinnig….“. Ich bekam Hunger, frustriert holte ich mir eine Haferschnitte raus, hatte allerdings Mühe, diese zu kauen. Ich spülte den eiskalten Klumpen mit warmem Kräutertee herunter. Würde im Magen schon irgendwie verdaut -hoffte ich. Während ich versuchte, die an sich sehr leckere Haferschnitte kau-lutsch-beißend hinunterzuwürgen, fragte ich mich mehrmals, wie man das bisher Erlebte überhaupt vernünftig in Worte fassen sollte. Rückblickend waren die letzten 42 Kilometer ja teilweise ereignisreich – mal milde ausgedrückt. Ich kehrte gedanklich zum Entsafter zurück. Besser, ich konzentrierte mich auf das hier und jetzt. Nun befand Ich mich also mitten auf dem schneebedeckten Pfad des eisigen Todes, wie ich diese Strecke bezeichnete. Als kleiner Filmjunkie wie meinereiner mußte ich einfach allem hier bei diesem Challenge eine dramaturgische Bezeichnung geben…in diesem Falle Indiana-Jones-Like halt. Ich musste innerlich lachen, irrwitzig schien das Ganze. Die Steigung des Entsafters hielt sich bisher in moderaten Grenzen, zumindest war dies – noch – mein subjektives Empfinden. Ich konnte problemlos laufen, fühlte mich prima – wie lange jedoch noch, bis dieser mentale Punkt erreicht war, an dem ja der Kopf entscheiden sollte und nicht mehr die Beine ? Es graute mir ehrlich vor diesem Moment, der unter Ultramarathonläufern ja anscheinend so beliebt war wie der Mann mit dem Hammer bei den Marathonis.

Wer entsaftete hier eigentlich wen…?

Hoffentlich blieb das so, denn jenseits der 42 km war so oder so alles für mich absolutes Neuland. Ich wusste: Nun ging es wirklich los. Aber es war weniger die Steigung, die mich zusehens nervte: Es war der Schnee! Das war etwas, worauf ich mich während der vielen Trainingswochen nicht hätte vorbereiten können. Fußknöcheltief versackte Ich mit jedem Schritt in diesen Mix aus Neu – und Altschnee. Das erinnerte mich an Barfußlaufen am Strand. Matschig konnte man das auch nicht nennen, trittfest aber ebensowenig. Man konnte halt nicht drauf laufen, man rutschte bei beinahe jedem Schritt ab, das kostete viel Kraft; glücklicherweise hatte Ich noch Reserven, doch für wie lang ? Als Ultra-Novize machte ich mir nun ernsthaft Gedanken. Mit dem ansteigenden Gelände wanderte mein Puls längst in weitaus höhere, anaerobe Herzfrequenzbereiche. Der wahre Gegner würde also der Schnee werden…ich verfluchte Ihn bereits. Ich konnte froh sein, dass das vordere Teilnehmerfeld schon „Vorarbeit“ geleistet hatte: die vielen Schuhspuren waren unübersehbar, deshalb folgte ich denen umso hochkonzentrierter, als die Loipen auftauchten.

Wenn sich die witterungstechnischen Voraussetzungen erfüllten – so wie in diesem Jahr – dann offenbarte sich: Der Läufer ist der wahre Entsafter, er ist ein Harzer Winzer ! Warum ? Kilometer um Kilometer hatte das Ganze eher was von der traditionellen Art, Weintrauben in einem Holzfass mit den bloßen Füßen zu Brei zu vermanschen. Mich nervte der schöne Schnee, aber da „musste man nun durch“. Die Steigung empfand ich nun als das geringere Übel. So eng, wie es sich auf dem vorgetrampelten Schneepfad zwischen den Loipen lief und ich mich trotzdem hochkämpfte, gerieten auch die Fußknöchel immer mal wieder gegeneinander, viel zu oft, wie ich fand.
Irgendwann hatte ich plötzlich Durst und holte die Thermosflasche hervor, nahm einige kräftige Züge von dem heißen Tee, dann ging es weiter. Ich mußte an Dehydratation denken und der Tatsache, was das für Konsequenzen hätte in dieser wunderschönen, aber einsamen, eisigen Landschaft. „Keiner würde Dich hier schreien hören, wenn du verreckst, ganz zu schweigen von der Trillerpfeife…“, dachte ich sarkastisch. Ja, ich mußte eingestehen, das mich dieses ständige Ausrutschen auf dem Schnee nervte, meine Laune wurde nicht besser!

Schneelandschaft wie im Märchenbuch


Ich hätte nie gedacht, das ich mal so weit hochlaufen würde! Ich fühlte mich immer noch Fit, das ständige Ausgerutsche im Schnee und der kontinuierliche Anstieg entkräftigte mich noch nicht. Konnte Ich nun froh sein über die vielen Trainingskilometer und der Vorbereitung? Wenigstens etwas musste ich wohl richtig gemacht haben: strikte Einhaltung des Trainingsplans. „Bei all der Zerstreutheit eigentlich ein Wunder, das ich mich noch nicht verlaufen hab…andererseits wirst das eine oder andere zu erzählen haben“, murmelte Ich im stillen, während Ich mich mit jedem meiner Schritte vorwärts kämpfte. Eine Halbmarathondistanz lang ohne Verfplegungspunkt, absurde Vorstellung. Dann musste Ich kurz inne halten, denn links von mir war plötzlich freie Sicht ! Ich konnte nun einen Blick tief nach unten riskieren, mir wurde schwindelig bei dem Gedanken, was für ein majestätischer Anblick sich mir da offenbarte!

Ich konnte über mehrere Bergkuppen hinwegblicken und darüber hinaus – bis zum Horizont. Ferner ein normalerweise kilometerlanger Oder-Stausee, von hier oben jedoch betrachtet erinnerte mich das Ganze eher an den Kieselteich im Schrebergarten von Peter Lustig. Das konnte nur ein Bruchteil des Stausees sein,den man von hier oben sah. Unbewusst bückte ich mich, formte einen Schneeball, guckte mich verstohlen um, und warf diesen dann so weit und kräftig Ich konnte nach unten! Stumm schaute Ich dann zu, wie der Ball nach unten segelte, tiefer und tiefer und immer weiter, bis Ich Ihn aus den Augen verlor.
„Halleluja…“, dachte ich. Im Prinzip mußte man nur ein paar Schritte nach vorn gehen, und es wäre aus und vorbei. Ich verscheuchte diesen Kamikaze-Gedanken und lief weiter, mir wurde schon wieder kalt…und ein bisschen schwindelig. Solch majestätische Anblicke wie diese erlebt man als Läufer nicht jeden Tag – höchstens noch die Skilangläufer, so wie der, der mir nun in halsbrecherischem Tempo entgegenkam. Ich bekam schon wieder Durst, holte erneut die Thermosflasche hervor. „Der hat nen guten Zug, Ich aber auch“, dachte Ich durstig, schaute dem Skilangläufer zu, wie er auf mich zuraste und kippte mir den warmen Tee rein. Dann fuhr er an mir vorbei, stumm grüßten wir uns. Ich beobachtete Ihn noch eine Weile, bis er hinter einer Biegung verschwand, und lief dann weiter.

Von alten Bekannten…

Sehr Weit vor mir tauchten plötzlich zwei Läufer auf. Komischerweise veringerte sich die Distanz recht schnell, bis ich sogar gezwungen war, konzentriert auszuweichen. Ich wollte einerseits nicht den Beiden in den Rücken laufen und andererseits nicht in die Loipe treten. Ein kurzer Sprung nach links, dann an denen vorbei, dann wieder nach rechts, und weiter. Das war ein komisches Gefühl, denn Beide – sowohl Mann als auch Frau (ein Paar?) – sahen recht athletisch gebaut aus. Und dann kommt da so ein Ultraneuling…Ich war mir ziemlich sicher, das würde sich rächen. Es wird bestimmt bald dieser mentale Punkt kommen. „Wo es ja hieß, das die ersten 50 Kilometer mit den Beinen und die zweite Hälfte mit dem Geist gelaufen werden…“, murmelte Ich im stillen. Ich wusste momentan nicht, wieviele Kilometer ich schon hinter mir hatte – den Blick auf meine GPS wollte ich mir ersparen. Ih wollte das anders angehen, denn bisher scherte mich der Zähler nicht. Ich kann es nicht erklären,aber ich fühlte mich bisher weder entsaftet noch sonstwie ausgepowert – bisher jedenfalls! Also kein Blick auf die Uhr, es zählte nur das hier und jetzt, momentan lief es gut und es ging voran. Vor mir wieder ein Läufer, ich glaubte Ihn bereits an der Jacke zu erkennen. War es wirklich…?

Als Ich im Begriff war, vorbeizulaufen, wußte ich, wer es war. Ich ging neben Ihm her. „Hey Björn“, begrüßte Ich. “Lass Dich durch mich nicht bremsen…“, erwiderte er. “Nee, passt schon“, entgegnete ich. Ich freute mich, Ihn zu sehen, denn die meisten Läufer waren mir einfach unbekannt. Wir unterhielten uns ein wenig. Zwei harzer Winzer beim Smalltalk. Die innere Stimme ermahnte mich mehrmals, weiterzulaufen. Nach kurzem Überlegen fasste ich dann doch den Entschluß. „Du, Ich werd wieder laufen, Björn. Noch geht es irgendwie…“. Er grüßte zum Abschied, dann ging es wieder los. Ich fragte mich jedoch ernsthaft, wie lange Ich selbst noch durchhalten konnte, bis der Punkt erreicht war, zu gehen anstatt zu laufen. Woher nahm ich bloß nur diese Energiereserven…? Ein Schild tauchte vor mir auf und kündete von 950 Höhenmetern…gedanklich hob ich den Mittelfinger und lief keuchend weiter.

Erst später erkannte ich, das Björn nicht mehr hinter mir war. Ich musste wohl bei diesen Minusgraden, dem Anstieg, den Loipen und dem Schnee derart geradlinig weitergelaufen sein, das Ich tatsächlich jegliches Zeitgefühl verloren hatte. Das war heftig, sowas hatte ich noch gar nicht erlebt, jedenfalls nicht bei meinen bisherigen Wettkämpfen oder gar den Trainingsläufen. Konnten Körper und Geist derart „verschmelzen“ ? Da musste ich so hochkonzentriert zwischen den Loipen auf dem bereits vorgetrampelten Schneepfad gelaufen sein, das ich alles um mich herum ausgeschaltet hatte. Auch die Tatsache, das der Schnee tiefer geworden war, hatte Ich nicht registriert. Nach einer Weile dann erneut Abwechslung: Wieder tauchte ein Teilnehmer vor mir auf, ich näherte mich. „Sieh an, da ist er wieder, die Starternummer 155, direkt vor Dir“, dachte Ich etwas verblüfft. Zuletzt hatte Ich Frank Brauner bei VP Barbis in Erinnerung…

Gerade wollte ich also wieder ein kurzes „Hi!“ beim Überholen rufen, als dieser mir bereits mit einem sportlichen „Respekt, respekt, muß man ja mal sagen…“ zuvorkam. Ich mußte Ihn verdutzt angeschaut haben: nicht wie üblich der lediglich kurze Augenkontakt und das war’s…nein, endlich ein mündlicher Gruß. Freundlich grüßte Ich zurück. So ein Kompliment von einem fremden Läufer war für mich als Ultra-Novize etwas sehr erfreuliches, vor allem während der monotonen Entsafter-Etappe. Im Allgemeinen war es nicht allzu schwer, den Augenkontakt, den man für Sekundenbruchteile bei solchen Überholmanövern austauschte, auch zu interpretieren: mal war der Blick von den Läufern verbissen, mal war er ernst, dann wieder nur gleichgültig, oder aufmunternd, ausdruckslos, teilnahmslos…während meines Laufs schon alles erlebt. Aber der Gruß vom Frank klang nicht nur ehrlich…ich spürte auch, das er das tatsächlich so gemeint hatte. Kaum war Ich an Ihm vorbei, widmete Ich meine volle Aufmerksamkeit wieder der Monotonie des Entsaftens.

…und anderen guten Seelen

Dann tauchte etwas vor mir auf, was ich erst nicht glauben konnte. „Was zur eisigen Hölle….?“, dachte ich nur entgeistert: Da standen Leute um ein gedecktes Etwas , und das mitten im Schnee !! Das konnten niemals schon 20 km gewesen sein! Was war das da vorn also ? Kurzer Blick auf die Uhr, eine Mischung aus Erleichterung und kaltem Grausen: Ich hatte zwar erst knapp die Hälfte des Entsafters laufend erkämpft, was aber auch bedeutete, das man es doch tatsächlich geschafft hatte, in der eisigen Einöde am Jagdkopf einen Notverpflegungspunkt zu errichten. „Verdammt, Ihr seid ja echt Krass“, rief ich grinsend ich beim näherkommen. „Jaja, so sind wir!“, lächelte mir eine Helferin entgegen. Hier war fette Apré-Ski-Stimmung!

Erführchtig mußte Ich an die güldenen Reiterinnen denken…Ich trank einen Becher Bier, ääh Tee, aß etwas und unterhielt mich mit ein paar Läufern, die dort ebenfalls auftankten. Die Stimmung war Klasse, sogar DJ-Husky war mit seinen Beats fett am Start und hatte sogar schon ordentlich gebechert!

Ich wollte hier gar nicht mehr weg, doch drängte es mich, den Schnee zu entsaften, also verabschiedete ich mich von der Party und lief seufzend weiter. Kurz wusste Ich nicht, wo lang, aber das winzige BC-Schild zeigte in die linke Richtung. „Also dortlang, na gut…“, dachte ich zweifelnd. Der vor mir liegende Weg sah so endgültig aus,aber vielleicht lag es auch daran, das alle noch am Notverpflegungspunkt am schnacken waren und ich ja unbedingt alleine loslaufen musste. Von wegen Einsamkeit und so. Kalt war es auch! Immer noch sehr mißtrauisch der Beschilderung wegen, entschied ich mich zum weiterlaufen…

Erste wirre Gedanken in der endlos weißen Hölle


Die erste BC-Beschilderung sollte eine Zeitlang auch die Letzte bleiben. Es dauerte nicht lange, und mein Unbehagen wuchs. War das wirklich der richtige Weg ? Denn immerhin ging es plötzlich eher flacher weiter, keine Spur von Anstieg. Da stimmte doch was nicht…?

„Ohje…“, dachte ich, schon etwas ängstlich. Ich spürte, wie sich die Meter aneinanderreihten, wie ich mich entfernte vom Not-Verpflegungspunkt. Hier empfand ich plötzlich eine drückende Stille, kein Läufer vor mir, keiner hinter mir. To-ten-stille! Dann doch: Eine Skilangläuferin kam mir entgegen, wir grüßten uns. Ich war beinahe gewillt, Sie zu fragen, ob Sie Läufer gesehen hatte, aber da war Sie schon vorbei und verschwand weit hinter mir. Lediglich Ihr freundliches Lächeln blieb mir in Erinnerung. Gänzlich allein war man hier dann wohl doch nicht. Die letzte Beschilderung war zwar eindeutig – „links abbiegen!“ – aber hier war es so still, und es ging nun gefühlt abwärts, anstatt aufwärts! Mir kam der Gedanke, umzukehren, aber ich wusste auch, das Ich schon mindestens einen Kilometer gelaufen sein musste. Mindestens! Zeitgefühl und Orientierung schwanden zusehens, ich war darauf angewiesen, der Beschilderung blind zu vertrauen. Vor mir Fußspuren im Schnee, die auch keine Ähnlichkeit hatten mit den sonstigen Trailschuh- oder Yaktrax-Spuren der vielen Läufer…oder? Ich war kein Aragorn’scher Fährtenleser, während dieser Stille und dem Knacksen der schneebedeckten Bäume um mich herum war das echt nicht einfach zu beurteilen. Ein Wunder der Natur, das die Bäume soviel Schneelast ertrugen. Verrückter Gedankensprung. Ich trank etwas Tee aus der Thermosflasche, lief dann besorgt weiter. Das miese Bauchgefühl verstärkte sich mit jedem Schritt. Ich hing weiterhin meinen Gedanken nach, die kamen einfach so daher, teilweise recht wirr und verschwommen. “Lass bitte gleich ein kleines, orangefarbenes Schild auftauchen, das wär’ echt toll“, dachte Ich besorgt. Es nutzte nix: Jedesmal, wenn weit vor mir eine Biegung nach einer Geraden auftauchte, hoffte Ich innerlich, eine Beschilderung zu sehen, oder einen Läufer. Aber weder das eine noch das andere passierte…dann ein Spätmerker-Einfall, wohl wieder ein wirrer Gedankensprung: “Pferde hatten die Mädels beim letzten Verpflegungspunkt keine dabei, güldene Krüge ebenfalls nicht…wie waren die eigentlich dorthin gekommen ? Stand da nicht ein Jeep ? Durfte man da mit nem Jeep hoch…?“ Ja, ich hing diversen – teils abstrusen – Gedanken nach und war immer noch gleichmäßig am Laufen. Innerlich hatte ich anscheinend die „nach 50 km entscheidet der Geist, nicht der Körper“-Angelegenheit ins Hinterstübchen verbannt. Die Sorge ums Verlaufen hatte wohl derzeit Priorität. Ein kurzer Blick auf die GPS: Mit einer lahmen 8er Pace war ich unterwegs. Aber ich lief, das war am wichtigsten und so war es mir nun mal auch am liebsten. Kämpf Dich durch, Mario! Der Untergrund änderte sich selten, meist rutschte man ab bei dem knöcheltiefen Schnee. An diese zusätzliche Belastung hatte ich mich aber – neben der Tatsache, das Ich mich allmählich km 60 näherte und kein bisschen wunderte darüber, wie ich das anstellte – bereits gewöhnt. „Wie schnell sich der Mensch anscheinend Umständen anpassen konnte…“, kreisten die Gedanken weiter. „Achja, Ich bin bereits Ultraläufer…“ Wieder ein anderer Gedankenfetzen. Ich erwischte mich dabei, das Ich plötzlich in dieser Einöde anfing zu grinsen, und lief weiter, immer weiter, dem Ungewissen entgegen. Wurde ich schon wahnsinnig wie der Typ in Stephen King’s Shining…?!

Die monoton weiße Hölle des Entsafters hatte mich nun vollends verschlungen, blind diesem winzigen, kleinen Schild viele Kilometer hinter mir vertrauend…